Eikóninselland
Über topografische Karten und konstruierte Genauigkeit in einer schwer entschlüsselbaren Unendlichkeit
Eine topografische Karte ist der Versuch, im Ausschnitt eine räumliche Ordnung auf einem Planeten herzustellen, den der Mensch noch nicht einmal seit einem Jahrhundert zu überblicken vorgibt. Im Ergebnis soll es eine Detaildokumentation mit verbriefter Genauigkeit sein.
Der Mensch fasste die Rhythmik der Jahreszeiten, der Tage und die zu bewältigenden Distanzen in eine Regelmäßigkeit eines symbolischen Netzes des Kalenders, der (Uhr-) Zeit und der Längenmaße. Über jene Symbole des humanisierten Raums und der humanisierten Zeit will der Mensch Herrschaft über das Spiel der Natur ausüben. Das Bestimmende der menschlichen Gesellschaft wird zu einem Triumph der Koordinatensysteme der Städte und Straßen.
Die Erfassung der Oberfläche des Heimatplaneten des Menschen mittels eines Zeichensystems ist gleich bedeutend mit einer kulturellen Leistung, mit der Entwicklung des Alphabets. Jedoch ist das Chiffrieren und Dechiffrieren des Alphabets linear und zeitlich aufeinander folgend angeordnet. Das Erkunden einer topografischen Karte hingegen ermöglicht den frei schweifenden Blick, der Betrachter ist somit frei im Lesen der Zeichen.
Es finden sich darin sowohl naturalistische Zeichen wie auch solche, die nicht in der Betrachtung der Landschaft begründet sind. Die nicht sichtbaren Zeichen werden u.a. für Sperr- und nicht zugängliche Zonen, für Grenzen sowie für die Hervorhebung von Gebäuden, touristisch interessanten Gebieten und Naturschutzgebieten eingesetzt.
Die Karte ist ein zweidimensionales Modell und bietet von diesem Punkt der Betrachtung aus für den Einzelnen den Anfang des Erkennens, soweit er die Zeichen deuten kann. Der Betrachter erhofft sich eine hohe Übereinstimmung mit seiner dreidimensionalen Welt, in der er sich orientieren möchte. Die Wahrnehmung der Umwelt benötigt die Voraussetzung des Denkens in Relationen.
Eine topografische Karte kann nicht durch das Bild einer Landschaft ersetzt werden, denn die Karte wird erst durch Zeichen bedeutsam, die vom Betrachter inhaltlich zuordbar sein müssen. Dadurch kann er nur sehen, was er weiß, und die Karte wird dabei zur abstrakten Deutungshilfe.
Das Darstellen mittels topografische Karten wird nur durch die Fähigkeiten des menschlichen Erkennens begrenzt, ist somit kongruent mit der kollektiven Erfahrung von räumlicher Landschaft. Diese Endlichkeit und die Endlichkeit der Darstellungserlaubnis durch totalitäre Staaten ist somit menschenbestimmt. Totalitäre Staaten, wie z. B. die DDR, gaben potenziellen Republikflüchtlingen durch Weglassen von Informationen keinen Anhalt der Orientierung in dem, was hinter dem »antifaschistischen Schutzwall« zu erwarten war.
Das Navigationssystem meiner Homepage, Eikóninselland genannt, hat den griechischen Begriff Eikón als Bestandteil. Der antike Grieche sprach von Eikón, Bild, wenn der Schein des Wirklichen über Bezüge und Grundverhältnisse »richtig« dargestellt werden konnte. Die wörtliche Übersetzung »Bild« will sich aber erweitert verstanden wissen, nicht im Sinne einer wahren Wirklichkeit, sondern im Sinne eines möglichen Scheins der Wirklichkeit.