Konzept
·Über Dauer hinweg· habe ich ein bis zur Hälfte im Waldboden eingegrabenes Holzwagenrad, irgendwo in Franken – seit Februar 1988 photographisch porträtiert. Der Aufnahmezyklus wurde durch einen Rhythmus von vier-vier-drei Monaten sowie den Endtermin des Projekts im Jahr 2008 bestimmt. Die Arbeit ist subtil und die Oberflächlichkeit von zelebriertem Verfall drängt sich nicht in den Vordergrund; Sensationelles bleibt außen vor.
Das photographische Begleiten macht sichtbar, was für uns nicht erfahrbar, in der Regel nur vorstellbar ist: Zeit.
Wenn es möglich ist, selbst darüber zu bestimmen, ist Zeit die wichtigste Ressource, die der Mensch haben kann. Zeit ist durch nichts zu ersetzen und unwiderruflich begrenzt – deshalb ist sie für den Menschen kostbar. Diese für jeden individuelle Grenze ist scheinbar niemandem bekannt. Die Selbstbestimmung des Menschen über seine Zeit, insbesondere die freie, erscheint ihm oft zu gering, so fühlt der Mensch sich um sein kostbares Gut betrogen.
Die (natürliche Um-)Welt erschließen wir uns empirisch immer weniger, die sekundäre Erfahrung drängt sich in den Vordergrund. Wann ist Natur noch Teil des menschlichen Lebens? Natur ist ein Aspekt im intensiven Leistungskatalog der Freizeitgesellschaft des modernen Menschen. Meist von Kunststoffhäuten geschützt, versucht der Mensch sich nicht einzulassen, sondern erfährt lediglich die Grenzen seines individuellen Tuns.
Der historische Mensch hat Spuren hinterlassen: Jede steinzeitliche Höhlenzeichnung, jede analoge Photographie ist älter als ein digitaler Massenspeicher es je werden kann. Ganz unscheinbar, unspektakulär vergeht die Zeit, während das Rad innehält. Der Mensch beschleunigt sein Flüchtigsein – und die Frage stellt sich: Wird er fossile Spuren hinterlassen? Die Möglichkeit, dass unsere Spuren verschwinden, wird gewiss.
In meinem persönlichen Umfeld wird die Arbeit schlicht ·Das Rad· genannt. Planungen wurden vom Rhythmus »Wann ist wieder die Zeit des Rads« bestimmt. Das Rad ist sesshaft; das Rad selbst hält inne, ist Teil der Landschaft und entscheidet nichts.
Die Zeit ist immer anwesend.